Gedanken sortieren – Morgenseiten schreiben

Morgenseiten schreiben

In meinem Online-Kurs Romane schreiben geht es auch um Kreativitätstechniken. Kennst du das auch, wenn du einen Text schreiben möchtest, du weißt genau, um was es gehen soll, aber du sitzt vor dem weißen Blatt Papier und kaust an deinem Stift, weil dir der Einstieg fehlt? Oder du trommelst mit den Fingern ungeduldig vor deiner Tastatur 😉 Genau dieser erste Satz. Die Gedanken drehen sich im Kreis.

Vor einigen Tagen saß ich an meinem neuen Roman und wusste nicht weiter. Die ersten 68 Seiten waren geschrieben. In der Geschichte hat ein Ereignis wie eine Bombe eingeschlagen, aber dann ging es irgendwie nicht mehr weiter. Ich hatte die einzelnen Szenen im Kopf, aber sie mussten ja auch irgendwie miteinander verbunden werden. Ich muss dazu sagen, ich schreibe vorher keinen Plot.

Du fragst, was ein Plot ist?

Das ist ein Handlungsgerüst, an dem man sich während der Phase des Schreibens entlanghangeln kann. Man schreibt die Geschichte in groben Zügen auf, also Ereignisse, die vorkommen sollen oder besser gesagt einen Handlungsstrang. Das können schon mal ein paar Seiten werden. Dann geht es ans schreiben und man baut den Plot immer weiter aus und verliert den Handlungsstrang nicht aus dem Blick. Also praktisch den roten Faden.

Wie ich es mache?

Ich fange gleich richtig an zu schreiben und wenn ich ein Kapitel fertig habe, dann schreibe ich mir handschriftlich stichpunktartig auf, was in dem Kapitel passiert ist. Wenn ich dann ein paar Seiten oder Kapitel weiter bin, kann ich noch mal nachlesen, ob das logisch ist, was ich jetzt schreibe und wie das in die Geschichte bzw. in die vorherigen Kapitel passt. Wenn der Roman dann fertig ist und ich Korrektur lese, dann ist die Überarbeitung aber meistens aufwendiger.

Jetzt bin ich wieder vom Thema abgekommen. Ich hatte also einen Hänger und habe da von den Morgenseiten schreiben gelesen. Es war mir nicht ganz unbekannt und ich wollte es probieren.

Morgenseiten schreiben, was das ist?

Das ist eine morgendliche Schreibroutine. Dabei soll man morgens gleich nach dem Aufstehen drei DIN A 4-Seiten handschriftlich vollschreiben, ohne nachzudenken. Ganz intuitiv. Kein Thema, kein Stil und der Stift soll nicht vom Papier genommen werden, um nachzudenken. Einfach nur schreiben, schreiben, schreiben. 30 Minuten. Das Ganze soll dazu dienen, dass man kreativer wird und es räumt den Kopf auf.

Nun gut habe ich gedacht. Kreativität ist gut und den Kopf aufräumen ist noch besser. Vielleicht finde ich dann meinen roten Faden wieder, der mich durch meine Geschichte führt. Damit das ganze auch Spaß macht, habe ich mir eine schöne Kladde gekauft. Die war natürlich nur DIN A 5 und nicht A 4. Aber egal. Dann schreibe ich anstatt 3 Seiten eben 6 Seiten.

Aber morgens, gleich nach dem Aufstehen! Etwa barfuß im Nachthemd am Wohnzimmertisch sitzend. Hilfe, meine Morgenroutine! Dann würde mein Mann alleine frühstücken müssen. Nun kannst du sagen, dann steh doch eine halbe Stunde früher auf. Richtig, aber…. Jetzt könnte ich so einiges anführen, was dem widerspricht und ich würde anfangen, Argumente zu suchen, warum das nicht geht. Aber warum soll ich bitte schön morgens schreiben. Ich kann doch zu jeder Tageszeit schreiben und probieren, was passiert.

Gesagt – getan!

Da saß ich nun am ersten Tag in der Mittagszeit vor meiner wunderschönen aufgeschlagenen Kladde, den Stift in der Hand und wusste, wenn ich jetzt anfange, dann soll ich die nächsten 30 Minuten nicht aufhören. Aber erst mal musste ich überhaupt anfangen. Und irgendwann ging es. Jetzt glaub aber nicht, dass ich ganz eisern jeden Tag geschrieben habe. In der ersten Woche gab es mal einen Tag Auszeit und danach sogar mal zwei Tage.

Jeden Tag, wenn ich am Wohnzimmertisch vorbeigehe, schaue ich sie an meine Kladde und sehe einen erhobenen Zeigefinger. Ja, ich weiß, denke ich. Nachher. Ich habe echt angefangen, während des schreibens mit meiner Kladde zu reden? Wie sich das liest? Da kann ich dir eine Kostprobe geben.

Ich rede mit meiner Kladde

Siehst du mein liebes Buch, ich weiß nicht, ob das noch was wird mit uns. Drei Seiten jeden Tag, das kann doch nicht schwer sein. Tja, falsch gedacht. Dabei sind das hier keine DIN A 4- Seiten, sondern nur DIN A 5. Aber nicht mal das schaffe ich.

Guten Abend, liebes Buch, hast du gedacht, ich komme heute nicht mehr. Ich komme spät, aber ich komme.

Ich darf wirklich nicht mit jemanden wetten, wenn es darum geht, hier regelmäßig zu schreiben. Ich würde immer verlieren. Aber du liebes Buch, du kennst mich schon. Ach die wieder wirst du sagen, die kommt nur jeden zweiten Tag. Aber das ist doch auch regelmäßig. Oder? Nun sehe ich dich schon wieder auf dem Wohnzimmertisch und du schaust mich an. Also gut habe ich gedacht. Du bist dran. Siehst du und nun bin ich hier.

Bin ich verrückt?

Hältst du mich jetzt für verrückt? In meinem Alter darf man etwas verrückt sein, wenn es für meine Kreativität förderlich ist.

Ich will mich nicht loben, aber die letzten fünf Tage habe ich hintereinander weg geschrieben. Es wird. Und meinen roten Faden habe ich auch wieder gefunden und bin auf Seite 85.

Man gut, dass mein Buch nicht sprechen kann, wer weiß, was es mir erzählen würde.

Wie klärst du deine Gedanken? Hast du schon mal Morgenseiten geschrieben?

Liebe Grüße

Gudrun

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4 Antworten

  1. Hi Gudrun,
    Morgenseiten habe ich noch nie geschrieben.
    Und ich muss zugeben, dass ich meine Handschrift nach spätestens einer Stunde nicht mehr entziffern kann. Deswegen schreibe ich immer mit dem Computer 🙂
    Aber im Alter ein bisschen verrücktsein kann ich auch und find ich gut!
    Schöne Woche für Dich,
    Nicole

    1. Liebe Nicole, na, wenn du deine Handschrift nach einer Stunde nicht mehr entziffern kannst, dann bist du gut. Bei mir sind es 30 Minuten 😉 Bestimmt!
      Herzliche Grüße
      Gudrun

  2. Liebe Gudrun,
    ich saß gerade vor dem leeren Bildschirm und dann kam ich hier auf deine Seite und sehe- sie kennt das auch… Wunderbar!
    Von unseren Kindern habe ich zum Geburtstag ein 6-Minuten Tagebuch geschenkt bekommen, was ich versuche, seitdem akribisch zu führen- das ist nicht so viel wie in deinem Morgenschreiben.
    Mir geht es oft wie dir: ich weiß WAS ich schreiben will, aber der Anfangsflow. Nun will ich es ja auch besonders gut machen;).
    Und würde ich ein Buch schreiben, wäre deine Methode vermutlich meine.
    Danke für diesen beruhigenden Artikel und viele Dates mit deiner Kladde- egal wann und zu welcher Tageszeit.
    Liebe Grüße
    Nicole

    1. Liebe Nicole, siehst du, man muss es erst von jemanden anderen hören und dann merkt man, dass man nicht allein damit ist. Ein 6-Minuten-Tagebuch finde ich auch toll. Das ist nicht so arg, wie drei DIN A 4-Seiten. Aber 6 Minuten können auch ganz schön lang werden.
      Ich wünsche dir eine schöne Zeit.
      Herzliche Grüße
      Gudrun

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