Verführung der Langsamkeit und innere Ruhe

Ich bin seit einer Woche wieder Zuhause. Eigentlich. Mein Kopf und meine Gedanken noch nicht. Sie schweifen immer wieder ab. Zurück auf die Rhône, nach Trévoux, Tournus, nach Chalon-sur-Saône oder Lyon. Hörst du den kleinen Seufzer in meiner Stimme? Ich, die Frankreich-Verrückte, wollte mal etwas Neues ausprobieren und bin auf ein Flusskreuzfahrtschiff gegangen.

Ich möchte dir mehr darüber erzählen und weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Erzähle ich dir etwas über die Flusskreuzfahrt, wie ich sie empfunden habe, über die Städte und Plätze, die ich besucht habe oder gleich alles? Doch ich glaube alles auf einmal, das gibt Kuddelmuddel. Also habe ich mich entschieden – ich erzähle dir heute etwas über die Flusskreuzfahrt und meine Gedanken dazu. Im nächsten Beitrag zeige ich dir, wo ich überall gewesen bin.

Flusskreuzfahrten – Zwischen Uferblick und innerer Reise

Ich habe den Gedanken, eine Flusskreuzfahrt zu machen, schon fast 15 Jahre. Mein Onkel sagte damals zu mir: »Da bist du noch zu jung für.« Oh ha, habe ich gedacht, nur Rentner. Nein, so schlimm war es nicht. Es waren auch Jüngere an Bord. Und wenn, ich bin ja nun auch schon Rentnerin.

Es gibt Reisen, die uns näher zu uns selbst führen. Langsam, fast so, als würde die Zeit sich dehnen. Nach zwei Tagen war mir, als wenn ich schon eine Woche auf dem Wasser war. Das Schiff gleitet dahin. Und ich mit ihm. Keine Hektik, keine Hast. Entweder habe ich in der Lounge gesessen und aus dem Fenster gesehen oder in der Kabine. Die Gardine aufgezogen, habe ich auf die kleinen Wellen geschaut. Das Ufer, die kleinen Städte mit den herausragenden Kirchtürmen, Schwäne, alles zog mit einer Leichtigkeit vorbei. Manchmal saß ich auch mit einem Getränk vorne am Bug in der Bar und habe interessiert verfolgt, wie das Schiff in die Schleuse fährt.

Die sanfte Verführung der Langsamkeit

Flusskreuzfahrten verführen zur Entschleunigung, einfach nur innehalten. Kein ständiges Kofferpacken, kein Hetzen von Bahnhof zum Hotel, kein Check-in, Check-out, kein schnelles fahren auf der Autobahn dem Urlaubsort entgegen und keine lange Schlange am Abfertigungsschalter am Flughafen. Stattdessen: Der gleiche Platz, die gleiche Kabine, das gleiche Frühstück (es war schon abwechslungsreich) mit Blick auf immer neue Kulissen. Die Landschaft verändert sich, aber der Herzschlag bleibt ruhig. Und manchmal, mitten in diesem Schweben zwischen A und B, stellt sich ein Gefühl ein, das ich im Alltag fast verlernt habe: Angekommen zu sein.

Das Für: Komfort, Nähe, Tiefe

Man kommt nahe heran – an Städte und Dörfer.Vom Sonnendeck aus sieht man Weinberge, alte Burgruinen, schiefe Kirchtürme und moderne Häfen. Der Komfort ist unbestritten. Ich habe einmal alles ausgepackt und mehrere Tage wie in einem schwimmenden Boutique-Hotel gelebt. Für Menschen, die gerne reisen, aber nicht ständig umziehen wollen, ist das ein unschlagbarer Vorteil.

Das Wider: Tempo, Enge, Erwartung

Aber natürlich hat auch diese Reiseform ihre Schattenseiten. Wer den Nervenkitzel sucht, das Unvorhersehbare, das Abenteuer, für den ist das nichts. Es gibt keinen Dschungel, keine Serpentinen und kein Verirren auf staubigen Straßen. Nun gut, das brauche ich auch nicht unbedingt. Ich mag es leicht, geordnet und angstfrei.

Was ich etwas vermisst habe, das ist der direkte Kontakt mit den Menschen im Land. Kein französischer Nachbar unseres Ferienhauses, der uns am Morgen ein freundliches »Bonjour« wünscht, kein »Bonne journée«. Doch ich habe die freie Zeit genutzt, die wir bei den Ausflügen hatten. Ich habe kleine Einkäufe gemacht und mich mit einem »vendeur« (Verkäufer) unterhalten und im Straßencafé in Uzès gab es ein kleines Wortgeplänkel mit der Bedienung. Ich habe die Sprache tatsächlich noch nicht ganz verlernt.

Und ja, es kann eng werden auf dem Schiff – physisch und emotional. Man trifft sich immer wieder mit denselben Menschen, beim Frühstück, beim Ausflug, beim Abendessen. Wenn man Pech hat, mit jemanden, der laut ist, oder ständig alles besser weiß. Kann sein – muss aber nicht. Wir hatten es gut getroffen mit dem Ehepaar, welches bei uns mit am Tisch saß. Auch sonst sind wir mit allen gut ausgekommen.

Flusskreuzfahrten – Wenn das Außen leiser wird und das Innen wieder hörbar

Manchmal braucht man eine Pause. Nicht in der man nur mal einen Kaffee trinkt oder die Mails checkt. Sondern eine wirkliche Pause vom Alltag. Langsamkeit ist ungewohnt. Die Welt will immerzu etwas von uns. Immer wollen – sollen – müssen – können wir etwas tun. Wann hast du das letzte Mal eine Stunde einfach nur gesessen, ohne das Gefühl zu haben, etwas zu versäumen. Ohne Handy, ohne To-do-Liste, ohne schlechtes Gewissen?

Ich habe abends die Gardinen nicht ganz zugezogen und bin morgens mit einem fantastischen Sonnenaufgang geweckt worden. Und das war keine Instagram-Story, sondern echtes. Erleben. Für den Moment, Für mich.

Wenn mir jemand sagt »Flusskreuzfahrten sind nichts für mich«, dann sage ich »probier es aus«. Ich würde es jederzeit wieder tun und habe schon die nächste Route im Kopf. Wo? Natürlich in Frankreich. Auf der Seine.

Liebe Grüße

Gudrun

 

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10 Antworten

  1. Liebe Gudrun,
    das klingt wirklich verlockend, so ein Reise in die Verlangsamung. Manchmal braucht man das, immer tut es gut.
    Ich denke auch schon länger über so eine Flusskreuzfahrt nach, dein schöner Bericht ermutigt mich jetzt zusätzlich.
    Allein der Gedanke daran, dabei alleine zu sein mit immer den gleichen Menschen um herum, lässt mich zögern. Wenn ich es dann nicht so gut treffe, könnte das vieles verderben. Mal sehen.
    Liebe Grüße
    Karen

    1. Liebe Karen, man kann es vorher natürlich nie genau wissen. Doch wir hatten Glück. Vor vielen Jahren haben wir auch eine Irland-Rundreise in einer größeren Gruppe gemacht und da lief auch alles problemlos. In unserer Gruppe in diesem Jahr waren drei alleinreisende Damen, die sich nicht kannten und die haben auch zienmlich schnell Anschluss gefunden. Was ich so mitbekommen habe war alles sehr harmonisch. Und wenn einem das Abendessen im Restaurant mit 180 Personen (wie bei uns) mal zuviel wurde, dann konnten wir ins Bistro gehen mit 30 Plätzen und hatten es dort wunderbar ruhig.
      Sei herzlich gegrüßt
      Gudrun

  2. Ich bin ja aus vielerlei Gründen kein Kreuzfahrt-Fan, so eine Flussfahrt könnte ich mir aber durchaus vorstellen. Die Vorstellung, die Landschaft einfach an sich vorbei ziehen zu lassen, finde ich sehr verführerisch. Die vielen Mitreisenden auf engem Raum hingegen nicht. Da können einem schon auf „normalgroßem“ Terrain echte Nervensägen einen zum Flüchten bringen. Wohin dann nur, wenn der Raum so begrenzt ist…
    Liebe Grüße!

    1. Ja, das kann man vorher natürlich alles nicht wissen. Ich kann nur sagen, wie ich es empfunden habe. Wenn wir keine Lust hatten mit allen Menschen im Restaurant zu essen, dann sind wir eine Etage höher in das Bistro gegangen. Dort gab es 30 Plätze. Da war es schön ruhig. Die Ausflüge waren nur halbtags, morgens oder nachmittags. Wir hatten einen Ausflug pro Tag und den restliche Tag war das Schiff schön leer, da die andere Gruppe nicht an Bord war. Wir hatten angenehme Tischnachbarn bei den Mahlzeiten und ab und an haben wir uns in unsere Kabine verzogen, haben die Gardinen zurückgezogen, unsere Balkontür aufgemacht und haben von hier die Flussfahrt aus dem Sessel genossen.
      Für mich war es auch das erste Mal, dass ich eine Flusskreuzfahrt unternommen habe. Ich bin ganz offen drangegangen und habe es genommen, wie es kam. Es hätte natürlich auch schiefgehen können und ich hinterher gesagt: Nie wieder.
      Liebe Grüße

  3. „Für Menschen, die gerne reisen, aber nicht ständig umziehen wollen, ist das ein unschlagbarer Vorteil“ . ja, das kann ich mir auch gut vorstellen, denn das ist bei mir in den letzten Jahren genau der Fall. Und eine Flusskreuzfahrt ist ja eigentlich keine Kreuzfahrt im klassischen Sinn… was du erzählst und beschreibst, hört sich sehr gut an. ABER: für mich, die am Liebsten allein reist, hört sich das sehr nach „allein unter Ehepaaren“ an, wenn du verstehst was ich meine. Ob ich mich da so wohl fühlen würde, weiß ich nicht… was meinst du, fällt man als alleinreisende Dame mittleren Alters auf so nem Schiff auf wie ein bunter Hund?
    Das würde mich interessieren… :-))) Denn an sich hört sich so eine Art Reise traumhaft an…
    Liebe Grüße, Maren

    1. Guten Morgen Maren, also eine Kreuzfahrt würde ich nicht machen. Wenn ich bedenke, dass da bis zu 6.000 Menschen an Bord sind. Die Schwiegereltern von meinem Sohn sagen zwar immer, das verläuft sich, aber – neee. Für mich ist das nichts. Wir waren nur 180. Deine Bedenken „allein unter Ehepaaren“, das kommt vielleicht auch auf die Alleinreisende an. Wir hatten in unserer Reisegruppe 3 alleinreisende Frau, unabhängig von einander. Also die kannten sich vorher nicht. Bei der Busanreise nach Lyon saß eine allein vor uns. Wir sind ins Gespräch gekommen, ohne Vorurteile von beiden Seiten. Die anderen zwei Frauen haben sich zufällig beim Essen an einem Tisch wiedergefunden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die sich komisch vorgekommen sind zwischen den Paaren. Während der Reise haben sich irgendwie kleine Grüppchen gebildet, die sich immer wiederfanden. Ich hatte nicht den Eindruck, dass eine der Alleinreisenden sich unwohl fühlte. Vielleicht fängst du mal mit einer kurzen Reise an. Zur Probe 😉 So 3 oder 4 Tage auf einem Flusskreuzfahrtschiff. Dann siehst du ja, ob das etwas für dich ist.
      Ich wünsche dir eine schöne Woche.
      Liebe Grüße
      Gudrun

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